Endlich wieder Triathlon - endlich wieder eine Klassenfahrt beider Bundesligateams zu einem Rennen. Potsdam an der Havel, ehemalige Residenzstadt der preußischen Könige, hieß das Reiseziel.
Mit dem Finale der 2. Bundesliga 2018 in Hannover trennten sich die Weg der beiden Dresdner Bundesligateams. Während die Frauen seither erfolgreich die 1. 0,0% Bitburger Triathlon Bundesliga aufmischen, halten unsere Kerle die Vereinsfarben in der 2. Bundesliga erfolgreich hoch. Da die beiden Ligen fast nie gemeinsame Rennen an einem Ort haben, gab es seit Hannover 2018 auch keine gemeinsamen Wettkampfreisen mehr, die uns bis dato sehr viel Spaß gemacht hatten. Die gegenseitige Unterstützung, der Austausch untereinander, das gemeinsame Dummquatschen und Lachen - all das fehlte seither. Mit dem Rennenwochende vom 26. und 27. Juni in Potsdam konnten wir endlich wieder ein gemeinsames Reiseziel ins Navigationsgerät eingeben: Potsdam. Landeshauptstadt von Brandenburg und schönster Vorort von Berlin.
Sowohl das Formt für die 2. Bundesliga Nord (Samstag) als auch für die 1. 0,0% Bitburger Triathlon Bundesliga (Sonntag) sahen einen zweigeteilten Wettkampf bestehend aus Prolog und Team-Staffel vor. Der Prolog würde jeweils am Vormittag statt finden. Hierbei galt es für alle Athleten und Athletinnen die Strecke von 250 m Schwimmen, 2,8 km Radfahren und 1,1 km Laufen alleine so schnell als möglich zu absolvieren. Die Starts erfolgten alle 30 Sekunden und es gab nur eine Gegnerin: die Uhr. Die erzielten Einzelzeiten würden für die Team-Staffel am Nachmittag addiert und das schnellste Team als erstes auf die Strecke geschickt. Die weiteren Teams sollten mit dem entsprechenden Zeitabständen folgen. Auch die Distanzen in der Team-Staffel würden an Kürze kaum zu unterbieten sein: 4x(250 m Schwimmen, 5,6 km Rad und 1,1 km Laufen). Vor diesem Hintergrund galt es am Freitagabend eine intensive Streckenbesichtigung auf dem Gelände vom Luftschiffhafen vorzunehmen, um ja keine Zeit in den Kurven und Wenden, beim Auf- und Abstieg und beim Wasserausstieg liegen zu lassen. Nach dem dies erfolgt war, wurden die weiteren taktischen Maßnahmen mit vollem Mund bei schmackhafter Pizza und erfrischendem Erdinger Alkohlfrei erörtert. Zur Zerstreuung lauschten einige noch den tiefgründigen Dialogen von Rambo 2, bevor das Nachtlicht erlosch.
Am nächsten Morgen eröffnete Simeon Schumann für das Dresdner Spitzen Triathlon Team den Prolog. Mit Platz 16 erzielte er die beste Platzierung für das Team. Auch die anderen vier Starter - Christian Pfeifer, Finn Eschler und Marvin Wetzk - machten ihre Sache gut, fassten sich voll ins Gesicht und zogen am Horn. Bei einer Renndauer von um die 13 Minuten war aber auch klar, dass die Teams nach Addition der Einzelzeiten ziemlich eng zusammen liegen würden. Uns so kam es dann auch: Die Raketen um Teamleiter Björn "die Stimme" Scheibner lagen auf Platz 12, der Startrückstand auf die vorderen Plätze betrug gerade einmal acht Sekunden auf Platz 10 und weitere elf Sekunden auf Platz 8.
Für die Team-Staffel konnte die Reihenfolge der Starter frei festgelegt werden. Diese musste aber spätesten 90 Minuten vor dem Staffelstart gemeldet werden. Während der Mittagspause wurden daher die taktischen Optionen erwogen. Nach zu Hilfenahme von Publikums- und 50-50-Joker stand der Plan fest: Simeon würde seine Bärenkräfte nutzen, um die Lücke gleich zu Beginn des Rennens zu Platz 11 und 10 zu schließen. Marvin und Christian sollten sich weiter vorarbeiten. Finn würde die Staffel in den Top10 ins Ziel bringen. Um es kurz zu machen: Der Plan ging auf! Simeon, Christian und Marvin legten alles in die Waagschale und schickten Finn in guter Ausgangsposition im Kampf um Platz 8-10 ins Rennen. Ganz Potsdam stockte der Atem, als Finn Schulter an Schulter auf die finalen 1,1km ging. Schulter an Schulter bog er auch mit dem Schlussstarter von Trispeed Marienfeld um die vorletzte Kurve. Der Sprint war eröffnet und es wurde ein langer, ein sehr langer Sprint über gut und gerne 300 Meter. 50 Meter vor dem Ziel sah Finn schon geschlagen aus. Der Marienfelder Trispeedygonzales hatte sich eine schulterbreit vor Finn geschoben und konnte die 130-Grad-Wende in den Zielkanal auf der kürzeren Innenseite nehmen. Mit Björns Stimme im Rücken presste Finn auf den verbleibenden 50 Metern alles aus seinen Waden und Oberschenkeln heraus und lies sich auch von einer Greifbewegung seines Gegners nicht aus dem Gleichgewicht. Mit zum bersten angespannten Muskeln, weit aufgerissenen Augen und Mund sprang Finn "The Shark" über die Ziellinie. Würde es reichen? Seit dem olympischen Triathlonrennen der Frauen 2012 weiß ja jeder Erdenbürger, dass es im Triathlon keine geteilten Plätze gibt und einzig und allein die Zielkamera entscheidet. Diese gab recht schnell Entwarnung Richtung Dresdner Team: Finn's Körper und Björn's Stimme hatten Platz 9 gesichert. Jubeltrubelheiterkeit brach sich Bahnen. Die nichtmitgereisten Dynamo-Ultras rasteten im heimischen Wohnzimmer vor dem Livestream völlig aus und zerschlugen ihre Fliesentische.
Mit dem hervorragenden 9. Platz beim Saisonauftakt der 2. Bundesliga waren alle Beteiligten höchst zufrieden und die Edelfans vom Frauen-Bundesligateam zogen aus dem Renngeschehen Motivation für ihr Rennen am nächsten Tag.
Am Sonntag folgte dann das gleiche Spiel: Aufstehen, Frühstücken, ab ins Auto und ab zum Luftschiffhafen. Vor Ort wurde der TV-Pavillion mit Tischen und Stühle und triathlontypischer Deko als Wohnzimmer und Basis für den langen Tag hergerichtet. Unsere Athletinnen starteten in der Reihenfolge Sophie, Sophie, Sophie und Anna. Während Anna und Björn sowie Simeon diesmal die direkte Betreuung übernahmen, konnte ich das "Spiel" mal mit etwas mehr Abstand betrachten und genießen. Sophie machte einen guten Auftakt für unser Team und brachte die 31-schnellste Zeit in einem engen Rennen ins Ziel. Sophie, für die es das erste Bundesligarennen seit 2018 war, schaltete sofort nach dem Start in den ihr eigenen Racemodus, alle Energie brach sich Bahnen und wurde in Vortrieb umgewandelt. Sie konnte die 44-beste Zeit erkämpfen. Auch unsere dritte Sophie überzeugte mit einem tollen Rennen und vollem Einsatz. Sie kam auf Platz 45 des Prologs ein. Anna war auf den Teilstrecken genauso schnell, wie Sophie, lies sich aber beim Wechsel mehr Zeit. Hier ist also noch Optimierungspotential. Nach Addition der Einzelzeiten ergab sich folgendes Bild: 10. SG Dresdner Spitzen Tri Team / Erfurt, 11. Team Bad Orb - Gesund im Spessart (+0:12), 12. SC Bayer 05 Uerdingen (1:10) und 13. Sparda-Bank Team Hagen (+1:41). Auf Platz 9 betrug der Abstand beachtliche 2:10 min.
In der Mittagspause wurden wieder die taktischen Optionen bzgl. der Staffelaufstellung erwogen. Wie würden sich Bad Orb, Uerdingen und Hagen aufstellen? Wir waren uns sicher, sie können nur eine Option in Betracht ziehen: Angriff. Hagen und Uerdingen hatten dafür mit der 8-schnellsten bzw. 19-schnellsten Athletin des Prologs auch die richtigen Athletinnen an Bord. Ein Abwehren der Angriffe schien uns wenig aussichtsreich. Also wählten wir eine andere Taktik und Sophie sollte mit ihre Stärken im Radfahren- und Laufen auf Posi 1 ausspielen. Sophie und Anna würden im mittleren Teil versuchen verlorenen Boden gut zu machen und Sophie wieder so nah wie möglich in Schlagdistanz für den finalen Part zu bringen. Okay, let's go!
Sophie kämpfte und gab alles, aber von hinten rollte wie erwartet ein starkes Duo von Hagen, Uerdingen und Bad Orb heran und auch vorbei, so dass die roten Einteiler auf den letzten Platz zurück fielen. "Nur nicht aus der Ruhe bringen lassen! Glaubt an euch und euer Können! Lasst euch nicht beeindrucken - es hat schon nen Grund, warum die Teams hinter euch ins Rennen gegangen sind." Sophie und Anna holten alles aus sich heraus und hielten den Abstand in Grenzen bzw. arbeiteten sich hier und da wieder etwas heran. Mit dem letzten Abschlag entlud sich bei Sophie die Anspannung und sie machte sich auf die Verfolgung. Bad Orb konnte sie nicht mehr stellen, aber die Athletinnen von Hagen und Uerdingen konnte sie kassieren und abstellen. Völlig erschöpft und glücklich alles heraus geholt zu haben, brachte sie die Staffel ins Ziel.