Quelle Challenge Roth 2008
04:30Uhr, der Wecker holt uns unsanft aus dem Schlaf. Es ist stockdunkel und Regen plätschert gegen die Fenster. Regen! Ich habe den längsten Tag des Jahres vor mir und es regnet! Es wird schon aufhören, denke ich, erst mal essen und in die Gänge kommen.
Während wir zum Schwimmstart fahren, graut dem Morgen und es hört einfach nicht auf zu regnen. 06:40 Uhr checken wir in die Wechselzone ein und beginnen uns auf den Wettkampf vorzubereiten. Der Moderator versucht gute Laune zu verbreiten, aber rings herum sehe ich nur angespannte Minen. Kein Wunder bei 13 Grad und immer noch Regen. Die Profis sind schon unterwegs und kommen gerade aus dem Wasser, ich erhasche einen kurzen Blick auf Macca und Sindballe, als ich mein Kommando hörte. „07:15 Uhr Erster Aufruf 7.Welle, Startnummern 1650 bis 1899“ Ok, das ist für mich, jetzt wird’s ernst. Sven und Arne sind schon unterwegs, mir bleiben noch 5 Minuten bis zum Start. Die Uhr zeigt schon wieder einen Puls, als ob ich längst unterwegs wäre. Rein ins Wasser, herrlich warm, 70m bis zu Startleine einschwimmen und los. Der Tag beginnt. Das Gerangel hält sich in Grenzen und ich finde recht schnell meinen Rhythmus. Schwimmen ist leider nicht meine Stärke, aber ich habe gut trainiert und komme locker aus dem Wasser. 01:06h, alles im Plan. Meinen Kleiderbeutel finde ich sofort und auch eine ruhige Ecke im Wechselzelt. Letzter Check, alles an, alles dabei und wieder raus. Mein Rad wartet schon und ich werfe noch einen Blick auf die Uhr… 01:14h! Oh verdammt, das hat gedauert. Es regnet noch stärker. Ich habe zwei Trikots an plus Weste und Ärmlinge. Nach exakt 30 Sekunden bin ich wieder so nass, als ob ich gerade aus dem Kanal gestiegen wäre. Na toll, das war so nicht bestellt. Außerdem ist es kalt. Mental ist das Wetter eine Katastrophe. Ich werfe alle Pläne, Hoffnungen und Wünsche auf ein optimales Rennen und eine gute Zeit über Bord und konzentriere mich nur noch auf ein unheimlich in die Ferne gerücktes Ziel: ankommen, einfach nur ankommen! Nach einer halben Stunde auf dem Rad bin ich einigermaßen warm und auf Tempo. Die erste der beiden Radrunden vergeht erstaunlich schnell. Der legendäre Solarer Berg wird seinem Ruf als Stimmungsherd völlig gerecht. Tausende Fans stehen Spalier. Die Stimmung kocht und trägt uns den Berg hinauf. Das macht anständige Gänsehaut, trotz der Eiseskälte. In der zweiten Radrunde falle ich dann der Monotonie zum Opfer: ich vergesse eine Stunde lang zu essen… Als mir das auffällt sind die Beine schon schlaff. Ich nehme Tempo raus, esse und trinke und versuche mich zu stabilisieren. Es hat aufgehört zu regnen, dafür frischt der Wind auf und weht uns entgegen.
An der zweiten Wechselzone empfangen mich schon unzählige Helfer. Das Rad wird mir abgenommen und auf dem Weg zum Wechselzelt ruft mich eine Helferin bei meine Startnummer und das ich schon mal loslaufen soll. Ok, ich laufe los und bekomme am Eingang meinen Wechselbeutel in die Hand gedrückt. Die Roth - Maschinerie läuft wie geschmiert. Beim Laufen gehe ich es ruhig an. Der kleine Einbruch steckt mir noch in den Knochen und ich nehme jede Verpflegungsstation mit. Aller zwei Kilometer, das ist auf keinen Fall zu wenig. Nach 15km geht’s mir wieder richtig gut und ich lege einen Schritt zu. Ab Kilometer 34 höre ich auf zu essen und ziehe das Tempo noch einmal an. Und siehe da, auch das geht. Ich muss mich allerdings sehr konzentrieren das Tempo zu halten, aber es ist ja nicht mehr weit! Nur noch 4km und der Himmel kennt heute kein Erbarmen. Ein heftiger Platzregen überschwemmt innerhalb wenigen Minuten die Straßen. Egal, ich bin gleich da, am Ziel, dort wo ich seit über einem Jahr hin will. Die letzten Meter durch den Sportpark, jetzt bin ich schon auf dem blauen Teppich, ich laufe ich wie in Trance, es ist geschafft, noch einen Schritt – ich bin im Ziel!
09:48:58h ( 1:06h – 5:08h – 3:18h ) beim Debüt und dem Wetter, ich kann es nicht fassen! Das ist viel besser als erhofft. Es gießt in Strömen, jetzt ist das auch egal. Die Roth – Maschinerie läuft weiter und spült die Finisher in Richtung Festzelt. Ich-habs-geschafft-Shirt abfassen, Decke umhängen, das Buffet mit Kuchen, belegten Brötchen und heißer Hühnersuppe plündern, Erdinger Alkoholfrei und Tee trinken. Geschätzte zehntausend Massagebänke stehen bereit, warten nur darauf das ich mich hinlege und meine Beine auflockern lasse und siehe da, mein Kleiderbeutel hat es auch ins Ziel geschafft. Ich kann mich duschen und umziehen und sammle Sven und Arne ein. Wir genießen noch ein wenig die Stimmung im Zelt und ich genieße zufrieden, wie mir langsam aber sicher die Beine fest gehen. Das hab ich mir verdient!
Wenn jemand mit dem Gedanken spielt, eine Langdistanz zu absolvieren, dann kann ich ihm nur raten dies in Roth zu tun. Rückblickend ist diese gigantische Veranstaltung einfach nur perfekt organisiert und läuft reibungslos ab. Die Kraft und Motivation, die einem das Anfeuern der über 90.000 Zuschauer an der Strecke gibt, ist nicht zu unterschätzen. Und die wahnsinnige Hilfsbereitschaft der über 4500 Helfer ist einfach nur beeindruckend. Man kam aus dem Danke sagen gar nicht mehr raus.
Ein paar Eindrücke sind hier in meinem Webalbum festgehalten:
http://picasaweb.google.com/feldi262
Roth 3,8 - 180 - 42,195
Thomas Feldt war dieses Jahr unser Mann in Roth und berichtet nach nur 1,5 Jahren Triathlon von seiner ersten Langdistanz, einem Event bei dem das Schwimmen die subjektiv trockenste Disziplin war.