"Ich weißs nicht, ob jemand nachvollziehen kann, wie man sich fühlt, wenn die Beine einfach nicht mehr richtig funktionieren, auch wenn der Kopf es will…." Wann Antje´s Kopf beim Ironman Vichy komplett übernommen hat, lest ihr in ihrem Bericht!

Bericht von Antje Herrmann:  Überraschung zum IRONMAN Vichy

 

Mit einem pi mal Daumen zufrieden stellendes Ergebnis beim „Triathlon L“ (2,2/118/20) um und auf den Alpe d’Huez, hatte ich ca. 2 Wochen Zeit, mich auf den IM Vichy vorzubereiten. Dazu war ich mehrfach Gast auf dem Elbradweg, mit meinem Rennradel im Müglitztal und in den Schwimmhallen in Meißen und Pirna. Aus den Ergebnissen des letzten Jahres beim IM Klagenfurt war mir bewusst, dass ich mich in meiner AK eher in der zweiten Hälfte positioniert sah. 

 Mit einem kurzen Stopp zum Abendbrot bei Freunden in Erlangen, fuhren Roland und ich am darauffolgenden Tag, viel zu zeitig, bereits vor dem Mittag in Vichy ein. Zeit, sich die wundervolle Stadt kurz anzusehen.

  

Unser Zelt in Windeseile, bei nahendem Gewitter aufgebaut, hatten wir in diesem Landstrich, Mittelgebirge und immer sehr trocken, nicht mit Regen gerechnet. 

 

Es war in den nächsten Tagen recht sportlich, um die nötige Zeit für mein mobiles Büro zu haben, plötzliche Regenschauer abzuwarten, Zeit für Rolands Laufeinheiten zu parken, Vorbereitungen zum IM…Ersatz für ein kaputtes Schaltauge zu finden, richtig zu positionieren. 

 

Vichy verfügt über ein angestautes Flussbecken, das eine Länge von ca. 2 bis 3 km hat. Darin war ein öffentliches Schwimmen möglich und für mich nach längerer Zeit ein Freiwassertest. Neoprenverbot sollte es nicht geben. Denn ich fror nach einer 1 Stunde im Wasser, und selbst das Wasser war gruselig. Badeanzug und Körper waren danach dunkel getönt: schlammiges Wasser mit Algenteppichen. Danach ging es mir, trotz Nasenklemme, nicht mehr so gut. Mein Immunsystem kippte und ich kämpfte bis zum WK dagegen an. (Beim nächsten Mal nehme ich mir getrocknete Kräuter aus meinem Garten, Giersch, Scharfgarbe und Co., mit.)

Drei Tage vor dem Termin wollten Roland und ich in einer Regenpause einen Teil der Wettkampfstrecke mit dem Radel fahren. Beim Antritt sprang die Kette dorthin, wo sie überhaupt nicht sein sollte. Roland konnte nichts korrigieren. Die Schaltung war irgendwie komisch. Wir entschieden, bei der Registrierung auf dem IM-Gelände den technischen Support in Anspruch zu nehmen. Beim Radabholen überreichte man uns entschuldigend ein gebrochenes Schaltauge. Nun denn, was macht man, gegen Abend, wenn nacheinander alle Läden schließen: Google fragen. Da gab es noch einen Laden…15 min vor Schließzeit erklärte man uns, wir bekommen so schnell kein Stevens eigenes Bauteil her. Wir konnten aber eins leihen. Und somit fuhren wir mit einem funktionierenden Radel und einer hinterlegten Kaution zum Zeltplatz zurück. Test am nächsten Tag war gut. Die Schaltung habe ich am Samstag noch einmal in einem anderen Geschäft nachjustieren lassen. Somit lief die Schaltung wie Butter und das Radel konnte eingecheckt werden. 

Ein Briefing vor Ort wurde mit einem Vidioclip auf den Sozialen Medien ersetzt. Per Mail erfuhr ich, dass das Schwimmen wegen der Wasserqualität ersatzlos gestrichen wurde. Ich war erleichtert. (Während des Schwimmens am Montag konnte ich ca. hüfthoch im Wasser stehen. In der Nähe stand ein Schild mit der Info von 2,5 m Wassertiefe, und der Schwimmstart sollte vom Ufer aus über ein Ponton gemacht werden…wie würde ich da reinspringen?)

 

Am Samstag früh schauten wir uns, das war für uns neu, den Rolling-Bike-Start der Halbdistanz an. 4 Athleten aller 7 Sekunden. Mein Büro seit Freitag aussen vor…Ruhe…den Fokus auf die letzten Vorbereitungen. Nichts vergessen, nichts vertauschen (alles schon erlebt)…Schuhe + Verpflegung wurden zum T2 gebracht. Wege eingeprägt, mehrfach abgelaufen…

 

Eine weitere Überraschung gab es am Abend vor dem Wettkampf. Roland (und ich zur Sicherheit auch noch einmal), trugen alle 9 Teilnehmerinnen meiner AK in die IM-App auf dem Telefon ein. Aber nur 3 Athletinnen hatten eine Startnummer. Was nun? Spinnt die Technik? 1 Stunde später war finale Schließzeit der Registrierung. Warten und keine Änderung.

Am Sonntag früh, an dem Tag, wo man den ganzen Tag Sport machen darf, hätten wir es fast verschlafen. Kurz neue Zeiten abgesteckt, etwas gegessen und Ernährungsgetränk zubereitet und los ging es mit dem Auto zum Bike-Start. Die übriggebliebene Zeit war ausreichend. Nun denn, der Start begann, sortiert nach Startnummern.

 

Die Strecke begann flach, am Flussufer entlang und die erste Steigung nahte. Das Wetter gestaltete sich optimal. Trocken und wenn die Sonne nicht da war, gut verträgliche Temperaturen mit wenig Wind.

Die gesamte Radstrecke birgt 2300 hm. Mit hoher Trittfrequenz und überschaubaren Krafteinsatz versuchte ich die ersten Anstiege gut zu meistern. Das Höhenprofil gestaltet sich nicht heftig, im Schnitt 5 bis 6 Prozent, manchmal auch 3 Prozent, Ausnahmen sind kleine Stücke mit 8 bis 10 Prozent. Es gab eine kleine Schlaufe zu fahren und dann eine größere, die aber zwei Mal zu fahren war. Einen kleinen „Solarer Berg“ gab es auch. Das Volk tobte, auch bis zuletzt, wo man bereits auf der Heimreise war. Respekt hatte ich vor 2 mal 16 km Anstieg, der in der Steigung nicht hart aber schon recht lang war. Am Schluss der Radstrecke folgte ich einer kleinen Asiatin, die mit hohem Tempo bis zum letzten Meter fuhr und sämtliche Männer im Straßengewirr von Vichy schlichtweg stehen ließ. Für mich machte es Sinn, denn ich musste nicht nachdenken, wo es lang ging.

Schuhe gewechselt und einen Toilettengang war genommen – Zeit verging.

Während des Laufes (4 Runden) half es mir, die Kilometer rückwärts zu zählen. Abgelenkt durch ständiges Fragen, wo war ich noch einmal? Die Kilometer purzelten und ich war im Zahlenbereich 30…nicht mehr lang und ich bin fertig…Roland hatte ich nicht gesichtet und traf ihn nach der ersten Runde. Ein Zuruf von ihm: „Vier am Start! Die Führende ist nach dem Rad wohl ausgestiegen“, tat mir gut. Die Beine wurden schwerer, aber das Zählen half mir zu laufen, einfach nur schneller zu sein, als zu wandern. Auf der einen Seite des Flusses hoch zur nächsten Brücke, darüber, eine Schlaufe im dahinter liegenden Park und wieder zurück auf der anderen Seite zur Ausgangsbrücke. Anfeuerungen gab es überall, besonders von im Stau stehenden Autos auf einer parallel verlaufenden Straße: Hupen, Zurufen, Winken. Die französische Mentalität möchte ich nicht missen. Ein Tourist korrigierte sich, als er mir in deutsch zurief: „viel Spaß“ zu „gutes Durchhalten“. Roland bestätigte mir später drei Athletinnen und 12 Minuten Abstand zur Zeitplatzierten. Ich weiss nicht, ob jemand nachvollziehen kann, wie man sich fühlt, wenn die Beine einfach nicht mehr richtig funktionieren, auch wenn der Kopf es will…Mein Darm spielte weiterhin verrückt. Weitere Toilettengänge musste ich machen. Wie immer, es war nicht geplant, aber es war halt so. Der Zieleinlauf war toll, viel Lärm, tolle Musik, tolle Moderatoren und ein kleines Feuerwerk. Platz 3.

 

Am Montag fand die Siegerehrung bereits um 10 Uhr in der Oper von Vichy statt. Vorher mussten wir schnell Zelt und Sachen packen. Und zwar so, dass das geliehene Schaltauge auszubauen ging, ohne das das ganze Auto dabei ausgeräumt werden musste. Über den 3. Platz freue ich mich sehr, auch wenn er durch einen glücklichen Umstand entstanden ist. Das erste Treppchen für eine Langdistanz unter dem Label IRONMAN. Für das nächste Jahr steht die Nr. 16, in neuer AK, mit Ziel AK-Platzierung mit Podest an. Mal schauen, was da geht. Herzlichen Dank an Martin Koch und an Roland. Neue Hausaufgaben für die nächsten Wochen und Monate habe ich bereits im Kopf.